Wut - Theorie und Praxis

Gefühle. Wir wissen mittlerweile, dass Gefühle wichtig sind. Sie helfen uns mit bestimmten Ereignissen gut umzugehen. Die Fachwelt bestätigt es und sicherlich gibst auch du mir Recht, wenn ich sage, dass Gefühle auch ausgedrückt werden sollen. Den Satz nicken wir wohlwollend ab. Stimmt doch, oder? Soweit die Theorie. Was ist mit der Praxis? Wenden wir uns mal dem Gefühl „Wut“ zu, mit Blick auf unsere Kinder und beleuchten einen von vielen „Wut-Aspekten“ näher - den Gefühlsausdruck.

Ich habe den Eindruck, dass „Wut haben“ gerne im Kopf stattfinden darf. Unsere Kinder dürfen Wut denken. Damit können wir ganz gut umgehen. Doch was ist, wenn die Wut etwas runter rutscht. In die Augen oder gar in den Mund? Was ist, wenn dein Kind „Arschloch“ oder „ich hasse dich“ oder „halt die Fresse“ sagt? Wenn es schreit, wenn es dich oder andere beißt? Dann wird es für viele schwierig. Lassen wir die Wut weiter wandern in die Arme. Was ist, wenn dein Kind schlägt, schubst, zwickt, den Stinkefinger zeigt? Dann sind viele von uns sehr gefordert- überfordert? Ähnlich, wenn die Wut das Bein erreicht. Was ist, wenn dein Kind dich oder andere tritt? Alles Szenarien, die in der Entwicklung (d)eines Kindes vermutlich auftreten werden. Hässlich, unangenehm und alles andere als vorzeigetauglich? Ausdruck von Wut, den wir ja vor ein paar Minuten noch wohlwollend abgenickt haben. Hm…Unsere wütenden Kinder schicken uns innerhalb von Minuten raus aus unserer Komfortzone. Und machen damit ihre Wut zu unserem Thema. Jetzt sind wir gefragt.

Und ja, es gibt eine zerstörerische Seite der Wut. Ein zu viel an Wut. Ein über die Grenze gehen. Davor dürfen wir uns schützen. Und andere auch. Unbedingt. Diesen Aspekt greife ich in einem anderen Artikel auf.

Heute lade ich dich ein zu prüfen, wo deine persönliche Grenze beim Thema Wut anfängt. Türe zu schmeißen? Zeug werfen? Beschimpfungen? Körperlichkeit? Oder möchtest du dich noch einmal korrigieren? Dass Wut keinen Ausdruck finden darf? Bist du vielleicht doch der Überzeugung, dass sie unterbunden werden soll und muss?
Das können wir bei unserem Kind durch unsere Macht erreichen. Dass es die Wut wegpackt und runter schluckt. Nicht mehr sichtbar macht. Der Familienfrieden ist wieder hergestellt. Dabei gibt es ein Problem. Die Wut ist dadurch nicht weg. Sie brodelt innerlich und bahnt sich irgendwann und irgendwie einen Weg an die Oberfläche. Vermutlich dann auf (selbst)zerstörerische Art.

Heute wissen wir, Kinder brauchen selbstregulierte Erwachsene, die sie begleiten wenn sie sich wütend fühlen, um sich im Umgang mit diesem wichtigen Gefühl irgendwann gesund selbst regulieren zu können (nicht kontrollieren, nicht unterdücken). Kannst du selbst deine Gefühle gesund regulieren? Deinem Kind helfen sich und seine Wut zu regulieren? Durftest du als Kind Wut äußern? Wie bist du heute wütend? Wie darf Wut bei euch daheim aussehen? Bei deinen Kindern? Was ist für dich ein gesunder Umgang mit Wut?

Lass es nicht beim Lesen dieser Fragen. Finde deine Antworten.

Corinna