Du siehst die Welt nicht wie sie ist.

Sondern auf deine ganz besondere Art und Weise. Je nachdem wie dein Start ins Leben war, wie du deine Erfahrungen interpretiert hast, wieviel Unterstützung du erfahren hast und wie du in deiner Einzigartigkeit angenommen wurdest...all das und noch mehr prägt deine Sicht auf die Welt, dich selbst, andere Menschen und das Leben.

Von der Metaebene aus betrachtet, kannst du die Farbe und Stimmung deiner Prägung und dazugehörigen Gedanken und Muster mit solchen Fragen kennenlernen: Erlebst du die Welt im großen und ganzen als einen sicheren, freudvollen Ort oder als gefährlich und angsteinflößend? Fühlt sich dein Leben wie eine Reise voller Wunder an oder eher nach einer qualvollen Stolperei? Empfindest du dich als selbstwirksam und erschaffend und die Aufgaben, die kommen als bewältigbar? Oder erlebst du dich als einen Spielball von unvorhersehbaren Unsicherheiten und den Ideen anderer? Sind andere Menschen für dich eine Quelle der Freude, Weggefährten und Mitreisende oder eine Quelle der Störungen, Konflikte und Beschwernisse? Siehst du dich selbst als ein Wunder, das sich als Mensch entwickeln, wachsen und Erfahrungen machen darf oder als fehlerhaftes Mängelexemplar, das sich mit viel Mühe und Anstrengung liebenswert machen muss? Auch hier geht es mir nicht darum, dass es eine gute und richtige Sicht auf die Dinge gibt. Doch die Art wie wir die Dinge sehen und interpretieren, führt zu einer bestimmten Art damit umzugehen. Zum Beispiel ob du die Dinge eher annimmst, erschaffst und dich stellst oder ob du häufig Situationen vermeidest, leidest und bekämpfst.

Konkret in deinem Alltag kannst du dich kennenlernen, in dem du dich beobachtest und fragst: Was denkst du über …? Was ist dir wichtig? Was macht dich glücklich? Was tut dir gut, wenn es gerade anstrengend ist? Was interpretierst du als problematisch? Was ist Erfolg für dich? Was Reichtum? Und was ich auch wichtig finde: Was dich glücklich macht, macht dich glücklich. Nicht jeden. Was dir hilft, hilft dir. Nicht jedem. Keines deiner Probleme ist per se schlimm und für jeden Menschen ein Problem. Für manch anderen wäre dein Problem das größte Glück. Hast du für jedes Problem eine Lösung oder für jede Lösung ein neues Problem? Du kannst dich auf die Suche nach deinen Glaubenssätzen über dich, das Leben, Probleme und Beziehungen machen und sie überprüfen.

Ein Beispiel aus meiner Elternschaft: Nicht alle Aspekte des Elternseins berühren alle Eltern auf dieselbe Art und Weise. Für mich zum Beispiel waren der Schlafmangel, das Thema Essen, Wickeln, Trockenwerden etc. völlig nebensächlich, #triggerfrei und deswegen kein Problem für mich, ich hab das einfach gemacht. Auch die Themen Süßigkeiten oder die Medien (für viele Eltern extrem besetzte Themen) beschäftigen mich kaum – wir haben für uns einfach Lösungen gefunden, ohne dass wir ein großes Thema daraus gemacht haben. Für mich persönlich waren allerdings die Autonomiephasen beider Kinder sehr herausfordernd, weil ich mit den für mich irrational wirkenden Gefühlsausbrüchen zunächst nicht umgehen konnte. Meine Lieblingslösung „reden“ hat die wütenden kleinen Jungs jedenfalls wenig beeindruckt. Ich war total aktiviert. Das heißt: obwohl ich meine Werte klar gesetzt hatte, hatte ich in diesen Momenten nur Sätze im Kopf, die ich auf keinen Fall sagen wollte und war geflutet von eigenen Gefühlen. Dementsprechend war ich in diesen Momenten mit meinem Fokus nicht bei meinen Kindern, sondern mit mir selbst beschäftigt und konnte sie dadurch nicht gut begleiten. Ich habe inzwischen gelernt, dass das aber nicht am Auslöser – in diesem Fall an meinen Kindern lag, die mich durch was auch immer wütend machen und eben entsprechende Reaktionen erzwingen. (Übrigens: viele verwechseln ihre Prägung mit der wunderbaren Fähigkeit der Intuition. Du auch?) Sondern ich habe meine Lösungslosigkeit zu mir genommen und mich auf die Suche nach den Hintergründen gemacht. Dabei geht es nicht um Schuld, sondern um meine elterliche Verantwortung.

Ich weiß heute, dass wenn mich eine Situation, ein Satz oder ein Aspekt emotional mehr aufwühlt als ein Toaster oder eine Straßenlaterne – dann bin ich eventuell aktiviert. Damit meine ich: wenn ein Auslöser und deine Reaktion (auch deine innerliche emotionale Reaktion) nicht zusammen passen, liegt das nicht am äußeren Auslöser, sondern daran, dass etwas vermutlich altes in dir berührt wurde. Dasselbe gilt, wenn du wie automatisch handelst und wenn überhaupt erst im Rückblick erkennst, dass deine Reaktion dem Reiz unangemessen war. Und warum ist das wichtig? Solange wir das nicht klar und bewusst haben, reagieren wir in diesen Momenten nicht auf den jetztigen Moment und das was ist, sondern mit Strategien auf Projektionen vergangener Momente. Und obwohl diese Prägungen in unserer Kindheit entstanden und durch irgendetwas im Außen aktiviert werden – sind wir heute verantwortlich für deren Auswirkungen, für unsere Sätze und Handlungen.

Die wunderbare Nachricht ist: wir können sie prüfen, auflösen, heilen und verändern. Wir können neue Erfahrungen machen und uns selbst neu prägen. Allerdings nur wir. Und nur, wenn wir aufhören mit dem Finger auf den Auslöser zu zeigen und zu erwarten, dass dieser sich verändert (Kind, Partner, Kollegen, andere Autofahrer...). Nach getaner Arbeit erkennst du vielleicht leichter was du willst, was im jetzigen Moment zu tun ist und was der nächste Schritt ist. Du stehst nicht mehr hilflos vor einem riesigen Berg. Willst du das Haus bauen? Was brauchst du dafür? Willst du diese Arbeit? Was braucht dein Kind gerade von dir? Was brauchst du gerade? Was kannst du konkret tun, wenn du dich für die Umwelt engagieren magst? Was tust du, um deine Auslöser zu erkennen?

Hanna